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21. Juni 2022

Ende gut, alles gut

Lesezeit ca. 4 Minuten

Peak-End Regel

Das Ganze ist nicht die Summe seiner Teile.

Um was es geht

Das wahrnehmungspsychologische Phänomen Peak-End Regel, (dt. Höchststand-Ende-Regel) bezieht sich auf unsere Bewertung vergangener Erfahrungen.

Sie besagt, dass wir in der Beurteilung einer Erfahrung, die sich über einen Zeitraum erstreckte, nicht stur additiv vorgehen.

Nicht die Summe der Bewertungen der einzelnen Mikro-Erfahrungen entscheidet darüber, als wie angenehm oder unangenehm wir die Erfahrung in ihrer Gesamtheit einschätzen. Auch das statistische Mittel der einzelnen Episoden ist nicht maßgeblich.

Unser Gehirn betrachtet in der Rückschau den Höhepunkt des Erlebnisses, einige herausragende Spitzen und sein Ende. Selbst die Dauer der Erfahrung spielt in der Rückschau eine untergeordnete Rolle.

So kommt es, dass wir ein Ereignis, während wir es durchleben, häufig deutlich anders bewerten, als später in unserer Erinnerung.

Das geht so weit, dass Versuchsteilnehmer, die ihre Hand sechzig Sekunden lang in vierzehn Grad kaltes Wasser tauchen mussten, diese Erfahrung als weniger schlimm bewerteten als zuerst sechzig Sekunden lang ihre Hand in vierzehn Grad, und anschließend noch weitere fünfzehn Sekunden lang in fünfzehn Grad kaltes Wasser zu tauchen.

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Warum das wichtig ist

Mitarbeiterbindung und Employer Branding:

  • Autoren, Regisseure und Musiker wissen seit je her:
    Der Knaller kommt zum Schluss.

    Der letzte Song, die letzte Pointe, die Schlusseinstellung sind entscheidend.Der kluge CBO weiß es auch.
    Wie im letzten Nugget besprochen, ist es sinnvoll, die besonders angenehmen Tätigkeiten über den Arbeitstag zu verteilen und gegebenenfalls zu stückeln, während besonders unangenehme Arbeiten am besten in einem Rutsch durchgezogen werden sollten. „Dann habe ich es hinter mir“.
    Da die Dauer einer Erfahrung weit weniger zu Buche schlägt, ist es viel weniger unangenehm ein Mal hundert Minuten lang eine ungeliebte Arbeit zu erledigen, als fünf Mal zwanzig Minuten lang, zumindest in der Erinnerung.Heben Sie die angenehmste Arbeit, das angenehmste Mitarbeitergespräch, die schönste Erfahrung für das Ende des Arbeitstages auf!So kann man sich nicht nur den ganzen Tag über darauf freuen, man wird auch zu Hause viel eher meinen, der Arbeitstag sei im Großen und Ganzen ok gewesen, vielleicht sogar richtig gut, obwohl es zwischendurch auch eine Zeitspanne mit Arbeiten gab, die ausgesprochen doof waren.Als Führungskräfte, Autoren, Lehrende, HR, Sales und Marketingverantwortliche sind wir Designer von Erfahrungen.Dort, wo es nicht möglich ist, einen ganzen Arbeitstag, eine ganze Show, Präsentation oder einen Kaufvorgang ausschließlich mit Glücksmomenten allererster Güte zu füllen, also im echten Leben, gewinnen wir enorm an Zufriedenheit und damit auch an Reputation, wenn wir die verschiedenen schönen und weniger schönen Momente umsichtig über den Zeitraum der gesamten Erfahrung verteilen.Der Anfang einer Erfahrung ist für die Erinnerung an das Gesamterlebnis nicht so wichtig, wie wir häufig meinen. Der Anfang muss begeistern, wenn es darum geht, Menschen dazu zu bringen, freiwillig mit etwas anzufangen, oder uns ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

Recruiting:

  • Stellen Sie sich zwei Lebensläufe vor.
    Zwei Damen, eine vierzig, die andere zweiundvierzig Jahre alt. Beide Lebensläufe beschreiben bis zum vierzigsten Lebensjahr eine perfekt ansteigende Karrierekurve.
    Die ältere Dame hat sogar eine bedeutende Qualifikation mehr als die Jüngere. In ihrer letzten Anstellung vor zwei Jahren musste sie einen Karriereknick mit deutlich weniger Gehalt hinnehmen. Die Gründe dafür sind uns nicht bekannt.Der Algorithmus, der zwischen unseren Ohren sein Unwesen treibt, sorgt nun dafür, dass wir die zusätzliche Qualifikation der Älteren viel weniger stark gewichten, weil das eher maue vorläufige Ende ihrer Karriere unsere Beurteilung des gesamten Lebenslaufes überproportional nach unten zieht.Wie bei einer optischen Illusion, reicht es nicht aus, sich über diese Tatsachen bewusst zu sein. Die Illusion bleibt trotzdem bestehen, auch wenn wir wissen, dass es anders ist, als es aussieht.Um diese Verzerrung unserer Wahrnehmung außer Kraft zu setzen, hätte hier geholfen, einem Kollegen beide Lebensläufe bis zum vierzigsten Jahr vorzulegen und ihn um eine Bewertung zu bitten.

Unterm Strich

Das Ganze ist nicht die Summe seiner Teile.

Sein gefühlter Wert hängt neben den Höhepunkt Erfahrungen vor allem davon ab, wie wir uns am Ende der Erfahrung gefühlt haben.

Designen Sie vor allem das Ende jeder Erfahrung sorgfältig und vermeiden Sie stark belastende Spitzen, auch, wenn sie kurz sind!
So steigern Sie mit minimalem Aufwand deutlich und anhaltend ihre Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit.

Falls es sich einmal nicht vermeiden lässt, dass gerade das Ende, zum Beispiel eines Projektes, anstrengend und belastend ist, machen Sie ihren Mitarbeitern aktiv bewusst, dass es die meiste Zeit über gut lief. Teilen Sie dazu das Projekt in Abschnitte und lassen Sie diese einzeln bewerten.
Das wird sich auszahlen, sobald sie wieder Freiwillige für ein ähnliches Projekt suchen.

Nachtrag vom 15.11.2022:
Vorsicht Falle!

Erliegen Sie nicht der Versuchung, den Arbeitstag mit einer Belohnung ausklingen zu lassen!

Es klingt nach allem, was hier gesagt wurde, logisch, dass eine Belohnung nach schwieriger harter, oder unangenehmer Arbeit ein schönes Finale wäre, aber unser Gehirn trennt hier sehr sauber und weiß genau, was gut ist und Spaß macht, und für welchen fiesen Mist es nur eine gute Belohnung bekommt. Es geht sogar so weit, dass wir Dinge, die wir früher gern getan haben, plötzlich nicht mehr machen möchten, weil wir die Belohnung am Ende so deuten, dass es wohl nötig gewesen ist, uns zu belohnen, weil die Tätigkeit selbst offenbar keinen Spaß macht.

Das hängt mit unserem Dopamin-Kreislauf zusammen.
Wir sollten also darauf achten, dass dieses schöne Erlebnis am Ende nicht als eine Belohnung für die Arbeit und nach der Arbeit empfunden wird, sondern im Bewusstsein des Arbeitenden noch ganz und gar zur Arbeit dazu gehört. Lesen Sie hier mehr die Belohnungsfalle: Dank Belohnungen das Leid verlängern


Chief Behavioral Officer gesucht

Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?

Wir sehen uns kommenden Dienstag.

Wenn Sie uns Tipps oder Feedback senden möchten, dann schicken Sie uns eine E-Mail an redaktion@cbo.news. Vielen Dank.

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(Kahneman, Fredrickson, Schreiber und Redelmeier 1993)

hello world!
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Lita Hagen

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