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12. Juli 2022

Mach mal sieben plus minus zwei

Lesezeit ca. 3 Minuten

Die magische Millersche Zahl

Immer wenn ich eine Liste erstelle oder einem Vortrag zuhöre oder im Supermarkt vor den Regalen stehe, gibt es diesen einen Moment an dem mein Hirn STOP sagt. Braucht es wirklich die Checkliste mit 93 Aspekten? Macht hier jemand etwas komplizierter als es ist? Und warum sind hier zwei Dutzend Erdbeermarmeladen?

Um was es geht

Hirnforscher George Miller kam 1956 zur Erkenntnis, dass Menschen im Schnitt nur sieben plus/minus zwei „Chunks“ im Arbeitsgedächtnis behalten können. „Chunks“ oder Brocken waren bei ihm Zahlenreihen oder Worte, die man sich merken sollte.

Was ein „Chunk“ beinhaltet ist allerdings ziemlich frei: es könnte sich dabei um Punkte auf einer Liste handeln, um Mitglieder eines Teams, aber auch die einzelnen Bewegungen, die man im Kopf beim Klavierspielen durchgeht. Man kann die „Größe“ eines solchen Brockens beeinflussen. Fachbegriffe ermöglichen so zum Beispiel mehrere Aspekte in einem Begriff zu vereinen. Akronyme verkürzen schlicht die Menge an Text, die wir jonglieren müssen. Statt Details zu listen, reicht ‘Einkaufen' und 'Sport' auch als Erinnerungsstütze.

Es gibt weitere Theorien, die davon ausgehen, dass wir ‘Gehörtes’ in Schleifen und Gesehenes auf einem Notizblock im Kopf behalten. Sie kennen vielleicht den Gedächtnispalast bei Sherlock Holmes. Geräusche, Bilder und Sprache gemeinsam zu verwenden erlaubt mehr Aspekte zu behalten. Gedächtniskünstler haben hier noch einiges mehr ans Handwerkszeug zu bieten.

Als Handwerkszeug für einen CBO ist besonders eine Erkenntnis relevant: Unser Verstand hantiert nur mit sieben plus minus zwei Dingen gleichzeitig.

Warum das wichtig ist

Die Anzahl an Themen, die wir jeden Tag abarbeiten, nimmt zu. Und auch die Komplexität, mit der wir auf Dinge blicken, wächst mit jedem Tag, an dem wir uns damit auseinandersetzen. Es gibt immer einen neuen Aspekt zu entdecken, neue Zusammenhänge und weitere Ausnahmen. Wie können wir diese Komplexität sinnvoll reduzieren? Und wann überhaupt? Hier gibt die Millersche Zahl eine wunderbare Daumenregel.

  • Muss ein Team zusammenarbeiten, gibt die Zahl die optimale Teamgröße an. Jeff Bezos hat so die „zwei-Pizza Regel“ für Meetings eingeführt. Die reicht für ungefähr sieben plus minus zwei Personen – und ist damit genau die Millersche Zahl. Auch bei Scrum-Teams gilt die Daumengröße sechs plus minus drei.
  • Sogar wenn wir Argumente generieren oder präsentieren gilt diese Regel: damit sie im Gedächtnis bleiben, reduzieren Sie sich am besten auf sieben plus minus zwei Argumente. Das gilt auch für Zeitungsartikel, Anforderungen in Stellenausschreibungen oder Präsentationen.
  • Auch für die Optionen, die man Kunden bietet, gibt die Millersche Zahl eine schöne Daumenregel. Ein Experiment stellte so einmal 26 Marmeladen zur Verkostung und ein anderes Mal sechs bereit. Welcher Probenstand sorgte am Ende für mehr Umsatz? Der mit der überschaubareren Auswahl. (Was die optimale Anzahl Auswahloptionen noch beeinflusst, können Sie in dieser Meta-Studie nachlesen).

Unterm Strich

Wenn Sie die Dinge überwältigen: denken sie an die Millersche Zahl. Man kann nur sieben plus minus zwei Bälle in der Luft halten.

Wenn es zu kompliziert wird: „chunken“ Sie Dinge zusammen. Sei es, dass Sie Themen zu einem Aspekt zusammenfassen, priorisieren und reduzieren, eine neue Hierarchieebene einziehen oder sie einen Prozess in aufeinander folgende Abschnitte herunterbrechen.

Chief Behavioral Officer gesucht

Haben sie immer ein zwei "Hände ihres Hirns" frei für die Dinge die ihnen auf dem Flur zugeworfen werden? Sind ihre Teams, Prozesse und Modelle Hirn-gerecht gestaltet? Und wo könnte diese magische Zahl sieben plus minus zwei einen Impuls geben, Dinge anders zu gestalten?

Wenn Sie uns Tipps oder Feedback senden möchten, dann schicken Sie uns eine E-Mail an redaktion@cbo.news. Vielen Dank.

1

Iyengar, Sheena & Lepper, Mark (2000). When choice is demotivating: Can one desire too much of a good thing? Journal of Personality and Social Psychology, 79, 995-1006. (Stangl, 2022).

hello world!
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Amadeus Pachmann

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