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9. August 2022

Wenn Sie in ein Restaurant mit Menschen gehen, die Sie mögen, schmeckt das Essen besser.

Lesezeit ca. 4 Minuten

Gut wegen des Produkts, erfolgreich wegen des Kontexts

Der eine Rat, den ich meinem ‘jüngeren Ich’ für den beruflichen Erfolg mitgeben würde, sobald endlich Zeitreisen möglich sind, ist: „Content ist König, aber Kontext ist Gott!“ Das ist es wohl auch, was der australisch-britische TV-Koch John Torode damit meinte, als er sagte:

If you go to a restaurant, and you go with people you like, the food will always taste better.

Um was es geht

Man tendiert sehr leicht dazu, verständlicherweise, sich im täglichen Geschäft auf das wesentliche, nämlich sein direktes Angebot, Produkt, oder Service zu fokussieren. Alles, was nicht auf ersten Blick im direkten Zusammenhang dazu steht, wird bereits ‘gedanklich’ beiseite geschoben. Das klingt - rational betrachtet - so vernünftig. Verkennt aber im großen Stile, dass beim Kunden - irrationaler Weise - das direkte Produkt meist maximal die Erwartungen erfüllen kann. Das ‘außergewöhnliche’ Erlebnis kommt so oft durch den Kontext drumherum.

Um hier im Beispiel der Gastronomie zu bleiben, finde ich die Aussage des Gastronomiekritikers Jay Rayner sehr passend:

My job is to write about how much pleasure your money will buy you in restaurants.

(deutsche Übersetzung: „Meine Aufgabe ist es, darüber zu schreiben, wie viel Vergnügen man mit seinem Geld in Restaurants kaufen kann.“)

Damit erweitert er seinen Fokus über das eigentliche Produkt, das Essen, hinaus.

Warum das wichtig ist

  • In meiner hauptberuflichen Arbeit als Gamificationdesigner machen Projekte rund um die interne Weiterbildung von Mitarbeitern bestimmt ca. 20 % aus. Damit ist das Thema Gamification & Lernen mit eines der größten Bereiche für sich allein betrachtet. Dabei erinnere ich mich noch als wäre es gestern gewesen, an einen der elementarsten Aha-Momente als Gamificationdesigner:
    Die größte einzelne Maßnahme zur Verbesserung der Lernmotivation hatte nichts mit dem eigentlichen Lerninhalt und dessen Gamifizierung zu tun. Stattdessen gab es nichts Effektiveres, als in dem Moment, in dem die Zielgruppe im realen Arbeitsalltag erlebt, wofür der geplante Lernstoff hilfreich wäre, es Ihnen klar erkennbar ‘auf die Nase zu binden’, dass demnächst ein Lernprogramm dafür startet. Dieses Triggererlebnis sichtbar & individuell fühlbar zu machen, hat ein um ein vielfaches besseres Preis-Leistungs-Verhältnis, als den Inhalt selbst - ohne solch einen Trigger - zu gamifizieren. Seitdem gehört der Fokus auf den Kontext, rund um den zu gamifizierenden Inhalt - zu unserem Standardprozess.
  • Kommen wir wieder zurück zur Gastronomie, dann ist es spannend zu sehen, wie oft bei schlechtem Wetter die Außenbestuhlung der Gastronomie nicht aufgebaut ist. Auch wenn das aufgrund des Wetters rational gesehen logisch erscheinen mag, sieht die Gastronomie von etwas weiter weg betrachtet geschlossen aus. Fokussiert sich der Gastronomiebesitzer rein auf seinen ‘Inhalt’, nämlich das Restaurant, ist ein abgebauter Außenbereich bei schlechtem Wetter sicher nachvollziehbar. Betrachtet man aber den Kontext darum herum, dann erkennt man Situationen, in denen es sträflich wäre, den Außenbereich nicht aufzubauen. Trotz schlechten Wetters.
  • Ehrlich gesagt, halten Sie das dritte Beispiel gerade in den Händen. Dieser Newsletter, bzw. CBO Media als Herausgeber des Newsletters ist aus dem Fokus auf Kontext heraus geschaffen worden. Mein Kernthema ist Gamification. Als Teildisziplin der Verhaltenspsychologie, als welches wir Gamification betrachten, wird Gamification aber nur dann seine ihm zustehende Aufmerksamkeit erhalten, wenn vorher das übergeordnete Thema der Verhaltenspsychologie und -ökonomie eine entsprechende Massenanerkennung bekommt und Einzug hält in Unternehmen. Um Gamification als in den kommenden 30 Jahren voranzubringen, kümmern wir uns aus unserer Sicht also ebenso um Kontext (CBO Nugget Newsletter) wie um Content (Gamification) selbst.

Unterm Strich

Es ist nicht immer leicht, eine klare Trennung zwischen ‘Content’ als dem eigentlichen Businessfokus und dem darum herum laufenden Kontext zu unterscheiden. Die Abgrenzungen sind hier zumeist schwammig. Es ist aber nicht zu unterschätzen, wie viel Potenziale zur Steigerung des Umsatzes, der Kundenexperience und/oder der Effektivität hier auch liegen gelassen werden, da man sich ‘zu sehr’ auf das Kernprodukt fokussiert. Als Metapher können wir hier die Bahnreise nehmen: Anstatt die Züge mit Millionen Investitionen noch ein kleines Stückchen schneller zu machen, kann man auch einfach, für einen Bruchteil der Kosten, Internet und Entertainmentsystem einrichten, um die Fahrt erfreulicher zu gestalten. Bei ersterem wird die Fahrt etwas kürzer, bei letzterem kommt die Fahrt einem kürzer vor. Was bevorzugen wohl die Fahrgäste? Ich meine nicht, was rational betrachtet vernünftiger wäre. 😉


Chief Behavioral Officer gesucht

Wo können Sie zum Kontextdesigner in Ihrem Arbeitsumfeld werden? Wo ist Ihr eigenes Produkt (wie das Essen im Restaurant) anfällig und abhängig von äußeren Umständen (wie die Gesprächspartner, mit denen man essen geht), die Sie aktuell Ihrer Kontrolle entgleiten lassen? Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?

Wenn Sie uns Tipps oder Feedback senden möchten, dann schicken Sie uns eine E-Mail an redaktion@cbo.news. Vielen Dank.

hello world!
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Roman Rackwitz

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