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6. Dezember 2022

Leiste voraus!

Lesezeit ca. 3 Minuten

Signaling

Wir Menschen vertrauen großen Marken vor allem deswegen, weil sie ja in der Vergangenheit nicht so schlecht gewesen sein können, sonst hätten sie die Zeit ja nicht überlebt und die Investments nicht machen können, damit man zur Marke werden kann.

Je komplexer und austauschbarer Produkte und Dienstleistungen werden, um so mehr reagieren wir mit dem Bedürfnis, unserem Gefühl zu vertrauen. Denn scheinbar rational begreifbar ist es eh nicht mehr. Diese Entscheidung dem Gefühl von Vertrauen zu vertrauen passiert unbewusst.

Wieso aber investieren Organisationen in Geschenke? In Gold Nuggets wie den Newsletter, den Sie hier lesen? Oder in kostenfreie Erstgespräche?

Um was es geht

Im Marketing spricht man von ‘Signaling’ wenn man die Glaubwürdigkeit der eigenen Produkte oder Dienstleistungen kommunizieren will. Dafür stehen viele Optionen von Zertifikaten über Stil im Auftreten bis hin zu Vorleistungen und Geschenken.

Egal ob bewusst so inszeniert oder wirklich aus Überzeugung so durchgeführt, signalisiert das gefühlte Investment in sich selbst oder in das Gegenübers - sei es Zeit oder Geld oder ähnlich wertvolles - eine Art Vertrauen in die Zukunft. Und wenn das jemand macht, dann muss er doch wohl einen triftigen Grund dafür haben.

Außerdem gilt: Wenn jemand etwas für Sie tut, möchten Sie auch etwas für ihn tun. Dieses Phänomene kennt man unter dem Begriff Reziprozität. Manche nennen es eine soziale Norm - also ein ungeschriebenes Gesetz in der Gesellschaft - andere definieren es als ein tief sitzendes psychologisches Bedürfniss.

Kann man Reziprozität auch für Signaling nutzen? Ist es sinnvoll, frühzeitig zu signalisieren, dass man in eine künftige Beziehung investiert - indem man unwiederbringliche persönliche Kosten auf sich nimmt, um sie einzugehen? Zu zeigen, dass Ihnen Ihr Kunde und die Beziehung am Herzen liegen, indem Sie (viel) Zeit und Geld für ihn ausgeben? Ist es ein Zeichen für Ihr Engagement? Für Ihre Absicht, treu zu sein? Ein Zeichen des Vertrauens?

Vielleicht gehen ihnen folgende Gedanken durch den Kopf:

  • Weiß diese Person eventuell aus Erfahrung, dass sich das Investment lohnen wird? Dann muss es ja bereits in der Vergangenheit funktioniert haben. Kann ja nicht so schlecht sein.
  • Oder ist das Unternehmen, das hier in Vorleistung geht, so erfolgreich, dass es sich solch ein Risiko leisten kann? Kann ja nicht so schlecht sein.
  • Bin ich - als Kunde - es etwa wert, dass die andere Seite das Investment auf sich nimmt? Dann wird ja wohl auch während der gemeinsamen Geschäftsbeziehung versucht werden, mich nicht zu enttäuschen. Kann ja nicht so schlecht sein.

Warum das wichtig ist

Das Phänomen rund um Signaling auch der Grund, warum man sich - laut Rory Sutherland - nie Sorgen über schlechtes Benehmen eines Londoner Taxifahrers machen muss:

“If you’re prepared to spend four years becoming a cab driver, and four years of your life that you’ll never get back is spent reaching that qualification, you’re plainly committed to the job. Secondly, you have a lot of skin in the game, because it’s not worth losing that badge for the sake of ripping off a random Canadian going from Heathrow to gain ten quid. It’s just not worth the risk. As a reliable gauge of honest intent, you can trust a Black Cab driver in a way that you couldn’t if the qualification had simply demanded two weeks of night school. In many ways, these are trust placebos.”

Ein gefühltes Investment des Gegenübers wird von uns gerne als sein Vertrauen in seine eigene Zukunft gesehen. Und das triggert wiederum unser Vertrauen. Denn würde so jemand ‘das Vertrauen in seine eigene Zukunft in der Vergangenheit bereits falsch eingeschätzt haben, dann hätte diese Person ja just in diesem Moment dieses Vertrauen wohl nicht mehr so ausgeprägt.

Diese ‘Logik’ ist intuitiv, scheinbar nachvollziehbarer, als eigene rationale Überlegungen.

Das kann man mittlerweile, aus meiner persönlichen Sichtweise, auch sehr gut auf Social Media & Co erkennen. Die Menschen, die hier freiwillig in Vorleistung gehen und mit ihren Inhalten offen und transparent helfen, Probleme bei einer Zielgruppe zu lösen, haben langfristig mehr Erfolg, als diejenigen, die ihre Inhalte hinter einer Art Paywall verstecken.

Unterm Strich

Erst verlangen, dann liefern, ist vielleicht ein auslaufendes Modell. Ganz nach dem Motto: „Nicht lauter schreien, sondern hilfreich sein!“ Ist dies das ‘Signaling’ der Zukunft? Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.


Chief Behavioral Officer gesucht

Betrachten Sie heute einmal alle Ihre Aktionen - und die Ihrer Mitmenschen - und versuchen Sie herauszufinden, ob man an der ein oder anderen Stelle nicht doch mit einer Vorleistung langfristig besser fahren könnte?

Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?

hello world!
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Roman Rackwitz

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