Zum CBO Nugget anmelden
3. Januar 2023

Zeit für eine Zeitreise!

Lesezeit ca. 4 Minuten

Dear Future Me

Die Sonne ist aufgegangen, das neue Jahr ist da. Der leichte Schwefelgeruch der Böllerei vom Vortag hängt noch in der Luft. Die Straßen sind noch voller Müll.

Und irgendwas erinnert uns vage an diese wiederkehrenden Vorsätze. Jedes Jahr aufs Neue. Haben wir uns schonmal etwas vorgenommen? Es ist fast als erscheint uns eine Version unserer selbst aus einer anderen Zeit. Geklappt hat das ja nie. Oder? Vielleicht aber haben wir auch schlicht gar keine Vision von dem, wie wir im nächsten Jahr sein wollen. Und was bedeutet das?

Um was es geht

Wahrscheinlich haben Sie schonmal von dem Konzept des „Future self“ gehört. Es umfasst alle Prozesse und Folgen, die es hat, wenn man über sich selbst in der Zukunft nachdenkt. Soweit so einfach.

Das Bild, das wir von unserem „zukünftigen Ich“ haben, und in welcher Verbindung wir zu unserem Zukunfts–Ich stehen, hat Auswirkungen oder zeigt zumindest Zusammenhänge mit Wohlbefinden, Strafverhalten, Finanzen und vielem mehr.

Mit diesem Gedanken kann man zum Beispiel das Marshmallow Experiment erklären: Kinder werden mit einem Marshmallow allein gelassen und es wird in Aussicht gestellt, dass sie doppelt so viele bekommen – wenn sie es eben aushalten, dieser Verführung im Moment nicht nachzugeben. Der Fachbegriff dafür ist Belohnungsaufschub. Das eigentlich bedeutsame daran war, dass es Schulerfolg und Leistung im späteren Leben vorhersagen konnte. Der Effekt ist mittlerweile wie so oft relativiert und auch soziale Schicht und ähnliches können diesen lebenslangen Erfolg vorhersagen.

Dennoch: dieses Ausrichten oder zumindest eine Idee von einer erstrebenswerten Zukunft zu haben macht einen Unterschied.

Man spart Geld, nimmt ab, liest mehr und so weiter. Die Dinge, die man ebenso sagt, obwohl sie einen - Hand-aufs-Herz - nicht wirklich interessieren. Manchmal frage ich mich daher, ob das nicht auch einfach eine soziale Norm ist, die wir da von uns geben. Und hier kommt ein Unterschied dazu: Das wäre dann kein wirkliches Bild von uns in der Zukunft, das wir haben. Nur eben eine Norm, die wir bedienen. Und klar, entsteht so keine nennenswerte Wirkung.

Wirksam wird die Zukunftsvision, wenn wir in Beziehung gehen zu dem, der wir in dieser Zukunft sein werden.

Und hier setzt auch die Forschung ein. Wie kann man diese Beziehung zum Future-self und damit seine Wirkung verstärken? Ein schöner Artikel geht von drei Schlüsseldimensionen aus:

  1. Wie gut wir uns mit dem zukünftigen Selbst in Verbindung bringen.
    Wie kommen Sie zu diesem Ich? Wo sind Sie sich bereits ähnlich? Bin das wirklich ich, wie ich sein könnte? Was bleibt denn gleich? Und was ist anders?
  2. Wie lebendig unsere Ideen von unserer Zukunft und unseres zukünftigen Ichs sind.
    Haben Sie ein klares Bild, wie Sie aussehen werden? Wie Sie auftreten, sich verhalten und sogar duften? Lässt sich dieses Bild leicht in Gedanken rufen? Und natürlich
  3. Wie positiv dieses Ich ist.
    Mögen Sie sich in der Zukunft? Was mögen Sie denn genau? Was noch? Was daran macht Ihnen Lust auf Zukunft?

Ein Experte zum Thema ist Hal Hershfield: auf seiner Website gibt es einiges zu entdecken: wissenschaftlichen Publikation, Dokumentationen bis hin zu seinem Ted-Talk. Also alles für einen Deep-Dive ins Thema.

Das Zukunft-Ich kann wohl auch in seiner negativen Form gutes bewirken. Bei Ebenezer Scrooge in der Weihnachtsgeschichte hat es ja bekanntermaßen geklappt. Warum also nicht bei Ihnen?

Warum das wichtig ist

Nicht nur Menschen: auch Organisationen hilft es, aus dem Future-self heraus zu agieren. Wer den Status – Quo erhält, verliert einen wesentlichen Teil des eigenen Potenzials.

Einerseits, weil Entscheidungen so mit einem positiven Zielbild im Kopf getroffen werden und z.B. auch Opportunitätskosten in Form von versäumten Marshmallows einbezogen werden. Andererseits, weil ein kraftvolles, lebendiges Bild auch eher Bewegung in diese erstrebenswerte Zukunft generiert.

Wie können sie das konkret nutzen?

Sie lebt! Die Vision lebt! Jeder von uns kennt die Begleitphänomene beim Auftreten neuer Vorstände: Visionen, Restrukturierung und andere Projekte. Sei es ein neues Produkt, das in die Welt gebracht werden soll (nimm das Metaverse oder Twitter 2.0) oder die Führungsdimensionen, die jetzt jeder agil-empathisch hybrid verkörpert. Arbeiten Sie aktiv an Ihrem Zukunft-Selbst um es auch wahrscheinlicher real werden zu lassen: Wie stehen Sie in der zukünftigen Organisation? Ganz konkret: Welche Rolle, Aufgaben, Verhaltensweisen zeigen sie? Was daran mögen Sie oder könnten Sie liebgewinnen? Was müssten Sie anpassen, damit diese Zukunft jeden Tag gelebt wird? Auch an Räumen, Arbeitsmitteln und Co.? Was würden Sie aus der Beobachterperspektive sehen?

Brief an mich selbst… Es gab eine Zeit, da schrieb man Briefe auf Papier an Freunde, Bekannte und Kunden. Sie wissen ja, wie das ist: Man kann das auch als E-Mail tun. Und nicht nur auf das neue Jahr bezogen, sondern auch einfach an sich selbst in 3 Monaten. Manche Mailprogramme lassen das jetzt schon zu, sich verzögert eine Mail zu schreiben. Sie können aber auch Online-Tools wie https://www.futureme.org/ nutzen, um mit Ihrer Zukunft in Kontakt zu treten. Wo wollen Sie in drei Monaten sein? Welche ersten Schritte wollen Sie bis dahin angehen? Wie haben Sie Hindernisse bewältigt? Welchen Rat wünschen Sie sich heute von Ihrem Zukunft-Selbst? Und welchen würde es Ihnen geben? Fangen Sie einfach an mit „Liebes Zukunft-Ich,“ und schauen Sie was passiert.

Unterm Strich

Der Feinstaub hat sich mittlerweile gelegt. Vielleicht sind wir schon wieder im Alltagstrott angekommen. Ganz ohne Vorsätzen und Projekten für das neue Jahr.

Und vielleicht begleitet uns im Augenwinkel oder Hinterkopf doch eine Idee von dieser Person, die wir in der Zukunft sein werden. Eine lebendige, positive Erscheinung, die bei den Entscheidungen, die wir dieses Jahr treffen werden, die richtige Richtung weist.


Chief Behavioral Officer gesucht

Wo werden täglich Managemententscheidungen getroffen, die immer noch vom logisch handelnden Menschen ausgehen? Wo können Sie diese Woche selbst ein Chief Behavioral Officer sein?

hello world!
Avatar-Foto
Amadeus Pachmann

Weiter Blogbeiträge

9. Mai, 2023
Kopf sucht Sand!
Warum wir unangenehme Information vermeiden und wieso das nur geht, wenn wir sie erwarten. Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in…
weiterlesen...
2. Mai, 2023
Implizite Abmachung
Über psychologische Verträge, wieso auch Sie welche haben und sich anschauen sollten. Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag.…
weiterlesen...
25. April, 2023
Schon fast fertig ...
Guten Morgen. Starten wir gemeinsam in diesen Dienstag. Denn wie immer gilt auch heute wieder: "Es ist durchaus möglich, sowohl rational…
weiterlesen...
1 2 3 16
cross-circleWordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner